Wir bieten in unseren Ev.-luth. Einrichtungen Angebote zur Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder an. Der unverzichtbare Anspruch ist, unsere Kitas nach innen und außen als sicheren und kompetenten Ort für Kinder zu konzipieren.

Das gemeinsame Anliegen von Familien, Mitarbeiter*innen und unseren Ev.- luth. Kindertagesstätten ist es, das Kindeswohl umfassend und wirksam zu sichern. In diesem Konzept definieren wir, wie wir den Kinderschutz verstehen und sicherstellen: Offensiv, selbstkritisch und couragiert. Im Einzelnen schreiben wir fest, welche Formen von Machtmissbrauch möglich sind und was wir dagegen tun. Wir legen Bedingungen, Verhaltensregeln, Kontrollmechanismen und Schutzmaßnahmen von
Mitarbeiter*innen und Träger verbindlich fest und überprüfen sie wirksam.

In diesem Konzept stellen wir die Sicherungsschritte unserer Kindertagesstätten vor und fordern öffentlich dazu auf, diese zum Wohle der Kinder kritisch im Blick zu behalten.

Wir stellen uns der Diskussion und erreichen mit diesem Konzept und dem dazugehörigen Verhaltens-kodex eine sinnvolle und gesetzlich geforderte Transparenz. 

Der Ev. Luth. Kirchenkreis Nienburg als Träger seiner Kindertagesstätten steht in der Verantwortung für die Qualität seiner Dienstleistungen. Er gewährleistet den Schutz der Kinder und schult alle Mitarbeitenden darin eine besondere Sorgfaltspflicht wahrzunehmen.

Der Schutz von Kindern bedarf klarer Sicherheitsstufen, verlässlicher Kontrollen und Regeln. Notwendig sind zunächst eine kritische Auseinandersetzung und klare Abgrenzungen zu den Themen „Macht“ und „Verantwortung“. Darüber hinaus sollten auch Kinder ihrem Alter entsprechend wissen, welche Rechte sie haben, wer ihnen hilft und wie sie sich ggf. zur Wehr setzen können. Diese pädagogischen Ziele sind für Kinder genauso wichtig, wie sie auch heikel sein können. Sie benötigen Unterstützung beim Erlernen und Einfordern eigener Rechte.  Alters- und abhängigkeitsbedingt dürfen Kinder mit verletzen-den Verhaltensweisen niemals allein gelassen werden. Immer ist die Wachsamkeit und Hilfsbereitschaft der sozialen Umwelt, die Transparenz der Einrichtungen sowie wirksame Kontrollmechanismen über potenziell „mächtige“ Personen erforderlich.

Macht, Machtmissbrauch und Gewalt

Mit der folgenden Auseinandersetzung zu verschiedenen Formen von Macht, Diskriminierung von Kindern und Machtmissbrauch wird die Ausgangslage der Schutzkonzeption beschrieben.

  1. Macht von Erwachsenen gegenüber Kindern

Das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern ist immer asymmetrisch und von ungleichen Fähigkeiten und Kräften gekennzeichnet: Säuglinge und Kleinkinder wären ohne die elterliche Fürsorge nicht überlebensfähig. Ohne den langjährigen Schutz, die fürsorgliche Anleitung, respektvolle Erziehung und gute Vorbilder durch verantwortungsbewusste Erwachsene könnten sie nicht überleben und fänden keine Orientierung für ihr Leben.

Mit dem Argument, verantwortlich für das Kind zu handeln wird - ohne, dass es uns Erwachsenen jederzeit bewusst ist – immer auch Einfluss und Macht über das Kind ausgeübt. Das ist zunächst in Ordnung und liegt in der Natur der Sache.

Umsetzung in der Kita: Wir haben in der Kita gut begründete pädagogische Ziele und erfüllen im Rahmen unserer Konzeption den gesetzlich festgelegten Bildungsauftrag. Die pädagogischen Fachkräfte reflektieren regelmäßig in Teamsitzungen, Supervisionen und/oder Jahresgesprächen ihren Umgang mit Macht und Einfluss.

  1. Abhängigkeit der Kinder

Damit der kindliche Entwicklungsprozess in diesem Abhängigkeitsverhältnis gelingt, sind Kinder mit dem sogenannten Urvertrauen ausgestattet: Nahestehenden Erwachsenen folgen sie bereitwillig - im tiefen Vertrauen auf deren Erfahrungsvorsprung, Verantwortungsbewusstsein und Wohlwollen. Bindung, Unerfahrenheit und ihre existentielle Abhängigkeit macht es kleinen Kindern unmöglich zu erkennen, ob ihnen von Erwachsenen möglicherweise etwas angetan wird - geschweige denn, dass sie sich dagegen wehren könnten. Im Gegenteil: Kinder lieben und folgen vertrauten Erwachsenen auch dann, wenn diese sie missachten, kränken, manipulieren, ihren Willen brechen oder ihnen sogar Gewalt antun.

Umsetzung in der Kita: In der Kita sorgen wir für eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung und Transparenz. Wir pflegen einen partnerschaftlich-demokratischen Erziehungsstil und legen Wert auf die Selbstständigkeit und Kommunikationsfähigkeit der Kinder.

  1. Adultismen

Viel zu oft wurde – und wird auch heute noch – Kindern das Recht abgesprochen, ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Schlafen, Wärme, Zuneigung verlässlich und selbstbestimmt auszuleben. Wie oft meinen wir Erwachsenen zu wissen, was das Kind braucht, ohne dessen Signale ausreichend zu beachten? Diese Missachtung und das Ausgeliefertsein an vermeintlich besserwissende, tatsächlich jedoch immer wieder auch rücksichtslos oder egoistisch handelnde Erwachsene, ist eine Form von Diskriminierung, die viele Kinder erleben. In der Kindheitsforschung werden diese kränkenden Ohnmachtserlebnisse und deren spätere, unbewusste Weitergabe an weitere Kinder als Adultismen bezeichnet. Sie sind prägend und bleiben lebenslang wirksam.

Die Weitergabe von Adultismen beruht auf nicht ausreichend reflektierter Biografien Erwachsener. Wir alle, Eltern und pädagogische Fachkräfte, tragen mehr oder weniger viele, bzw. ausgeprägte, kränkende Kindheitserfahrungen in uns. Daher sind alle potenziell gefährdet, Adultismen weiterzugeben. Fachkräfte/ Eltern müssen jedoch wissen, dass hierdurch das überlebenswichtige kindliche Urvertrauen beschädigt wird – was sich fatal auf seine weitere Entwicklung auswirken kann.

Nur die aktive, bewusste, kritische Auseinandersetzung mit eigenen Diskriminierungen und Ohnmachts-Erlebnissen und bewusste Entscheidung, es besser zu machen, kann vor eigenem diskriminierenden Verhalten oder gar einem Machtmissbrauch gegenüber Kindern schützen: Immer wieder neu müssen Fachkräfte und auch Eltern sich darüber Klarheit verschaffen, dass der Grat zwischen verantwortungsvoller, guter und sinnvoller Machtausübung, Diskriminierung, Machtmissbrauch und Gewalt gegenüber Kindern sehr, sehr schmal ist!

Umsetzung in der Kita: Für uns Kita- Fachkräfte gehört eine reflektierende Biographiearbeit inzwischen zur Aus- und Fortbildung und dient der Prophylaxe. Durch die Selbst-verpflichtungserklärung legen sich alle Kita-Mitarbeitenden – detailliert, einzeln und schriftlich fixiert – darauf fest, Kindern, Eltern und Kolleginnen stets mit Respekt zu begegnen. Wir erwarten von allen pädagogischen Fachkräften die Fähigkeit zur Selbstkritik und bewusstem Vorbildverhalten.

  1. Selbstbestimmungsrechte der Kinder

Ein weiterer Baustein zum Thema „Kinderschutz“ ist es, die Kinder selbst zu stärken. Im deutschen Grundgesetz, Artikel 1, steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das gilt selbstverständlich auch für die Würde kleiner Menschen, die der Kinder. Die UN-Kinderrechtscharta legt das Recht jeden Kindes, über seine Grundbedürfnisse selbst zu bestimmen, fest: Es darf sich beschweren und sich zur Wehr setzen, wenn es in seiner Selbstbestimmung behindert oder ihm Unrecht oder Gewalt angetan wird. Denn aufgeklärte, selbstbewusste, „starke“ Kinder, die ernstgenommen werden und vertrauensvolle Erziehungspartner an ihrer Seite haben, werden seltener Opfer von Missbrauch und Gewalt.

Umsetzung in der Kita: Wir alle haben die Pflicht, Kinderrechte und kindliche Würde nicht nur zu beachten, sondern die erzieherische Aufgabe, Kinder über ihre Rechte aufzuklären und bei der Ausübung ihrer Rechte zu unterstützen. Sie lernen Wege, Worte und Verhaltensweisen kennen, die ihnen helfen, sich Gehör zu verschaffen. Daher vermitteln wir Kindern, dass ein Hilfeholen niemals ein „Petzen“ ist. Die kindliche Persönlichkeit wird gestärkt, ihre Signale werden ernst genommen und sie sind an der Alltagsgestaltung beteiligt. Partizipation und die Beschwerderechte der Kinder sind fester Bestandteil unserer Arbeit.

  1. Gewalt unter Kindern als pädagogische Herausforderung

Kinder können auch untereinander Gewalt ausüben, körperliche und seelische. I. d. R liegen Interessenskonflikte zwischen den Kindern zugrunde, die mit ungeeigneten Mitteln angegangen werden. Das pädagogische Ziel aller Maßnahmen und Regelungen ist es, Gewaltfreiheit durchzusetzen. Um das Ziel einer besseren Konfliktlösung zu erreichen, müssen Kinder sprachliche Lösungskompetenzen erwerben.

Umsetzung in der Kita: Kinder erhalten klare Verhaltensregelungen, verlässliche Hilfestellungen und gewaltfreie Vorbilder. Konflikte werden durch Gespräche gelöst. Tragbare Kompromisse und gerechte Interessensausgleiche sind unsere Ziele.

Vorgehensweise:

Die Kinder tragen ihre Konflikte zunächst so weit wie möglich unter sich aus. Entsprechende Situationen werden von den Fachkräften gut beobachtet. Kommen die Kinder nicht allein zu einer gewaltfreien, fairen Lösung, erfahren sie Unterstützung:

  • Die Konfliktbeteiligen werden zunächst räumlich getrennt.
  • In Einzelgesprächen werden die bekannten Verhaltensregeln und Regelüber-schreitungen herausgestellt und die persönliche Verantwortung für ihr Tun benannt. Das Gewaltverbot wird nachdrücklich wiederholt!
  • Es gibt keine Gegenüberstellungen, keinen Täter-Opfer-Ausgleich und keine Versöhnungsgesten – solange keine klare Einsicht in das eigene Fehlverhalten besteht.
  • Wenn eine Regelbeachtung wieder möglich scheint, trauen wir ihnen ein verbessertes Verhalten zu und die Kinder werden vorrübergehend engmaschig beobachtet.
  • Eine Verhaltensentwicklung wird gewürdigt.

Bei mehrfacher Nichtbeachtung der Gewaltfreiheitsregelung durch ein Kind erfolgen pädagogische Maßnahmen, die dieser Regelung weiteren Nachdruck verleiht. Sie zielen auf eine Verhaltensänderung und Integration des Kindes ab.

  • Die Eltern des Kindes werden einbezogen.
  • Mit ihnen wird überprüft, was das Kind bewegt, ob es ggf. selbst Gewalt erlebt, wo es sie ggf. erlebt, und was verändert werden muss.
  • Der Entwicklungsstand des Kindes wird überprüft.
  • Hilfsmaßnahmen werden eingeleitet.

Eine Kündigung des Betreuungsvertrages kann eine Maßnahme sein, wenn das Wohl des Kindes und der Kinder in der Gruppe trotz vorheriger Interventionen nicht gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang finden vorab Beratungen / Informationen an zuständige Behörden statt (Zum Beispiel mit der Stadt Nienburg, dem Landkreis Nienburg und dem Landesjugendamt).

Formen von Diskriminierungen und Machtmissbrauch:

  1. Grenzverletzungen

Grenzverletzungen können jedem Menschen unterlaufen. Gemeint sind die vielen versehentlichen, ohne Absicht ausgeübten spontanen Verhaltensweisen, die unser Gegenüber kränken, diskrimi-nieren bzw. nicht wertschätzen. Das geschieht zumeist aus Unwissenheit oder Überforderung.

Alltagsstress birgt ein Risiko für grenzverletzendes Verhalten. Ziel dieses Konzeptes ist es, Grenzverletzungen so weit wie möglich zu minimieren sowie Verhaltensregeln festzulegen, die im Fall einer unüberlegten Verhaltensweise von den Fachkräften einzuhalten sind:

Umsetzung in der Kita: Grenzverletzungen werden unmittelbar angesprochen. Sollte ein Kind oder eine andere Person kränkend oder diskriminierend behandelt worden sein, wird das Gespräch hierüber gesucht. Erst wenn der Fehler verstanden und eingesehenen wurde, wird eine geeignete Wiedergutmachung gesucht – auch von Erwachsenen gegenüber einem Kind! Wir vermeiden es, die bearbeitete Verhaltensweise in der Zukunft zu wiederholen. Weitere Schritte:

  • Diskriminierungen und Grenzverletzungen werden in Fortbildungen, in der Zusam-
    menarbeit mit Eltern und in der pädagogischen Arbeit mit den Kindern thematisiert. Toleranz, Mitgefühl und Inklusion sind das Ziel.
  • Regeln zum achtsamen Umgang unter anderem mit Nähe und Distanz, die allen Beteiligten bekannt sind, werden eingehalten.
  • Kinder werden von den Fachkräften immer gefragt, bevor sie eine bestimmte Hilfestellung erhalten. Wünschen Kindes es nicht, wird dieses respektiert!
  • Ein Körperkontakt zu Kindern wird nur dann hergestellt, wenn das Kind eindeutige Signale aussendet und z. B. offensichtlich Trost und Nähe sucht.
  • Körperkontakte von Fachkräften zu einzelnen Kindern werden auf ein in der Situation verhältnismäßiges, angepasstes Maß beschränkt. Stets ist im Blick, dass auch weitere Kinder ein Recht auf Zuwendung und Aufmerksamkeit haben...
  • Jedes Kind wird mit seinem korrekten Vornamen angesprochen. Kosenamen oder Verniedlichungen werden nicht genutzt.

Umsetzung durch den Träger: Wir nehmen unsere Sorgfaltspflicht ernst, indem wir ausschließlich geeignetes, qualifiziertes Personal einstellen. Durch Arbeitsverträge innerhalb des Tarifrechtes sowie dem Angebot von Fortbildungen, Supervisionen, Coachings und eines betrieblichen Gesundheitsmanagements stellen wir die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter*innen sicher und vermindern Stresssituationen. Eine Maßnahme zum Kinderschutz ist es, bei erheblichem Personalmangel das Betreuungsangebot stundenweise/ tageweise oder langfristig anzupassen. 

  1. Grenzüberschreitungen

Ein grenzüberschreitendes Verhalten liegt vor, wenn durch unüberlegte Regeln oder Traditionen das individuelle Persönlichkeitsrecht auf Würde und Selbstbestimmung strukturell verletzt wird. Dies liegt z.B. vor, wenn ein Kind aufgrund seines entwicklungsbedingten Unvermögens in ungeeigneter pädagogischer Absicht getadelt oder angeprangert wird (z.B., dass es „noch“ Windeln trägt), wenn ein müdes Kind absichtsvoll am Schlaf gehindert wird (z.B. auch auf Wunsch der Eltern) oder wenn es gezwungen wird, etwas zu essen, was es nicht mag oder auch nicht probieren möchte.

Umsetzung in der Kita: Im permanenten Interessensausgleich zwischen Eltern, Kindern und Kita sind in jeder Kita gesetzeskonforme, am aktuellen fachlichen Standard orientierte, verlässliche Regelungen festgeschrieben, die geeignet sind, Grenzüberschreitungen zu verhindern. In den Konzeptionen der ev.-luth. Kitas ist nachzulesen, was wir vermitteln und worauf sich Fachkräfte, Eltern und Kinder verlassen können.

Umsetzung durch den Träger: Durch Konzeptionen, Dienstanweisungen, Partizipation und Befragungen von Eltern, Mitarbeiter*innen und Kindern evaluieren wir regelmäßig unseren Stand. Mit den Mitteln des Qualitätsmanagements werden unsere Regelungen fortlaufend evaluiert, angepasst und verbessert.

  1. Übergriffe

Übergriffe sind Verhaltensweisen, die absichtsvoll, autoritär und mit körperlicher Übermacht zielgerichtet eingesetzt werden, um bestimmte Verhaltensweisen ohne die Einsicht und Einwilligung von Kindern zu erzwingen. Das kann z.B. sein: Kinder am Arm zurückzerren, sie auf einen Stuhl herunterdrücken, damit sie dort sitzen bleiben, sie von Gruppenaktionen ausschließen, weil sie „stören“, oder auch beschämendes Anprangern von Leistungen oder Verhaltensweisen (Beispiel: Lächerlich machendes Herumzeigen eines „missratenen“ Kinderbildes). Ein übergriffiges Verhalten ist Mitarbeiter*innen in Kindertagesstätten verboten! Kommt es in Einzelfällen trotzdem vor, greifen Maßnahmen:

Umsetzung in der Kita: Mitarbeiter*innen stehen in der Mitverantwortung für die gesamte Kita. Wird jemand Zeuge eines Übergriffes muss, die jeweilige Fachkraft sich unmittelbar auf die Seite des Opfers stellen und das Fehlverhalten sofort beenden. Zeugen sind verpflichtet, die Kitaleitung über den Vorfall zu informieren. Sie führt ein Problemgespräch mit betroffenen Mitarbeiter*innen und entscheidet, in welcher Form der Träger einbezogen wird. Die Erwartung der Meldung an die Leitung bedeutet kein hinterhältiges „Schlechtreden“ über Mitarbeiten*innen, sondern unterstützt die Absicht, eine achtsame Kultur in der Kita zu leben.

Umsetzung durch den Träger: Der Träger unterstützt die Einhaltung der Regelungen zum Kinderschutz und ergreift ggf. arbeitsrechtliche Maßnahmen.

  1. Missbrauch und sexuelle Gewalt

Kinderschutz (kita-nienburg.de) Sexualpädagogisches Konzept

Strukturelle Maßnahmen des Trägers zur Prävention und Kinderschutz in den Kitas:

Wir als Träger gewährleisten in Zusammenarbeit mit unseren Kitaleitungen und unseren Kinderschutzbeauftragten die Erarbeitung, Implementierung und die fortlaufende Weiterentwicklung dieses für unsere Einrichtungen verbindlichen Kinderschutzkonzeptes. Alle Mitarbeiter*innen kennen es und setzen die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen um. Auch unseren Ehrenamtlichen, Eltern und Kooperationspartner*innen ist es bekannt und wird beachtet.

Träger, Kitaleitung und Mitarbeiter*innen handeln nach den gesetzlichen Grundlagen zum Kinderschutz [§§ 8a, 8b und § 47 (Meldung besonderer Vorkommnisse) und § 72a (Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen) SGB VIII].

  1. Sexualpädagogik

Kinderschutz (kita-nienburg.de) Sexualpädagogisches Konzept

Kinderschutz (kita-nienburg.de) Sexualpädagogisches Konzept

  1. Aufsichtspflicht und Verantwortung der Fachkräfte

Alle Mitarbeiter*innen des ev.- luth. Kirchenkreises Nienburg erhalten mit ihrem Arbeitsvertrag Dienstanweisungen, die standardisierte Aufgabenbeschreibungen einschließen. Die jeweiligen Aufgaben, Verantwortungsbereiche und die Aufsichtspflicht gegenüber Kindern sind hiermit transparent und verlässlich geklärt.

Informierte Fachkräfte, Kinder und Eltern: Die Fachkräfte sind durch Schulungen und Fortbildungen verfahrens- und handlungssicher zum Kinderschutz. Sie informieren auch Eltern über präventive Angebote. Durch die fortlaufende Auseinandersetzung und Fortschreibung des Schutzkonzeptes im Kita-Alltag ist das Thema immer aktuell. Alle wissen u.a., dass ein „Nein“ von Kindern, auch von Erwachsenen ernst zu nehmen und zu akzeptieren ist.

Partizipations- und Beschwerdeverfahren: Grundsätzlich werden Kinder in Entscheidungen über ihre Grundbedürfnisse einbezogen. Sie dürfen sagen, wenn ihnen etwas nicht gefällt und werden ernst genommen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein. Denn: Sprachfähige, selbstbewusste, starke Kinder mit aufmerksamen Erwachsenen an ihrer Seite erschweren es letztlich Täter*innen, Kinder zum Schweigen zu zwingen.

Sorgfaltspflicht der Fachkräfte untereinander: Die Strukturen und Arbeitsabläufe der Kindertageseinrichtungen werden regelmäßig bezogen auf mögliche Risiken, die dem Kindeswohl entgegenstehen können, analysiert und evaluiert Daraus werden entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Durch unser fortlaufendes Controlling und jährliche Rechtsbelehrungen, regelmäßige Aktualisierung der polizeilichen Führungszeugnisse, unser Gesundheitsmanagement, Qualitätsmanagement und die Bestellung und Schulung von Kinderschutzbeauftragen in allen unseren Kitas stellen wir eine größtmögliche Sorgfalt zum Kinderschutz in unseren Einrichtungen sicher.

Erstellung von Verhaltensregeln und Gefährdungsanalysen: Die Fachkräfte wissen, welche Situationen (Körperpflege, Essen, Schlafen, Wickeln, WC-Gänge, Hilfestellungen beim An- und Auskleiden der Kinder, Trost) Nähe zu Kindern erfordern und wie sie sich zu verhalten haben:

  • Die verpflichtende Arbeitshaltung der Fachkräfte ist gekennzeichnet von Gewaltfreiheit, Wertschätzung und Nächstenliebe.
  • Distanzregeln müssen von ihnen immer eingehalten werden. So ist es erforderlich, dass jede Hilfestellung nur auf Wunsch oder eindeutige Einverständnissignale des jeweiligen Kindes geschehen.
  • Gefahrenmomente für Machtmissbrauch, Grenzverletzung, Übergriffe, strafrechtlich relevante Formen von sexualisierter Gewalt sind herausgearbeitet und werden immer wieder thematisiert.
  • Alle Mitarbeiter*innen haben ein wachsames Auge auf Überforderungen und überforderte Kolleg*innen und bieten ggf. Hilfestellungen an.
  • Betriebliche Abläufe sind so geregelt, dass unbeobachtete Räume oder Randzeiten vermieden werden. Es ist den Fachkräften nicht gestattet, sich mit einem Kind allein in einem verschlossenen, bzw. nicht einsehbaren Raum aufzuhalten. Der Raum muss jederzeit zugänglich bleiben.
  • Jede*r Mitarbeiter*in ist zum sofortigen Einschreiten gegenüber jeden / jede verpflichtet, die verabredete Grenzen nicht wahrt. Die couragierte Solidarität mit Opfern (= Opferschutz durch die einrichtungsinterne „Kultur des Sich-Einmischens“) ist Bestandteil unseres Kinderschutzes.

Weitere Regeln zur Gestaltung eines professionellen Nähe- und Distanzverhaltens: Mit dem Ziel einen grenzwahrenden, respektvollen Umgang zwischen Kita-Fachkräften, Eltern und Kindern zu untermauern weist der Kita-Träger ergänzend diese Regelungen an:

  • Sofern keine andere persönliche Verabredung greift, werden Eltern unsererseits mit „Sie“ angesprochen und die Kinder mit ihrem korrekten Vornamen. Wir unterstreichen so unseren professionellen Kontakt zu Eltern und Kindern.
  • Persönliche Geschenke von Eltern und Kindern an Kita-Mitarbeitende sind nicht erwünscht. Geschenke im Wert von über 10,-- € müssen ganz zurückgewiesen werden. Hierdurch vermeiden wir Verpflichtungen und Befangenheiten.
  • Die Mitarbeitenden sind gehalten sich entsprechend der Tätigkeiten in einer Kita angemessen, zweckmäßig und gepflegt zu kleiden. Sollte ein*e Mitarbeitende*r in diesem Sinn auffällig werden, suchen wir das persönliche Gespräch.
  • Mitarbeitenden ist es untersagt berufliche und private Dienste zu vermischen, z.B.: Eine Übernahme von Babysitter-Diensten in Kita-Familien. Diese Regelung gilt auch für Praktikanten*innen und Auszubildene.

Fortbildungen: Die Finanzierung, Bereitstellung von Arbeitszeiten und ggf. auch die Anweisung von Fortbildung, Supervision, Biographiearbeit und Beratung durch externe Referent*innen sind den Fachkräften bekannt und werden regelmäßig umgesetzt. Wir legen Wert auf eine reflektierte und lernbereite Arbeitshaltung.

Meldepflichten: Mitarbeiter*innen stehen in der Verantwortung für jedes einzelne Kind, seinem Schutz und sind zur Meldung von Vorfällen im Sinne dieses Schutzkonzeptes verpflichtet. Orientierung bietet ihnen eine Verhaltensampel, die in den Kitateams regelmäßig (einmal jährlich) durch die jeweiligen Kinderschutzbeauftragten in Abstimmung mit den jeweiligen Leitungskräften besprochen und weiterentwickelt wird. So sorgen wir für Transparenz und stellen ihnen gegenüber klar, keine falsche Team-Solidarität auszuüben. Gravierendes Fehlverhalten von Mitarbeiter*innen findet entsprechende Beachtung und wird bearbeitet. Es führt zu Gesprächen, Sanktionen, Meldungen und Selbstanzeigen beim Landesjugendamt und ggf. Kündigungen und Strafanzeigen bei der Polizei.

  1. Notfallmaßnahmen

Sollte es innerhalb der Einrichtung tatsächlich zu Kindeswohlgefährdungen kommen und Übergriffe oder Gewalt festgestellt werden, findet sofort eine situationsbezogene Aufarbeitung und Klärung statt. Träger und Leitung betrachten im Vermutungs-/ Verdachtsfall von Fehlverhalten die Situation aus verschiedenen Perspektiven:

  • Egal, was vorgefallen ist, es gilt als Ausgangslage zunächst die Unschuldsvermutung. In einem ersten Schritt erfolgen eine Anhörung und Besprechung der Betroffenen, bzw. Beteiligten mit der Kitaleitung.
  • Das Team, die jeweiligen Eltern und der Träger werden hierüber von der Leitung informiert.
  • Das weitere Vorgehen wird mit dem Träger abgestimmt.
  • Ggf. wird eine externe Beratung hinzugezogen. Die insoweit erfahrene Fachkraft, Jugendamt, Polizei werden nach Lage der Dinge eingeschaltet.
  • Vorbeugend finden regelmäßige Kooperationen mit externen Fachberatungsstellen (ASD, Frühe Hilfen, Erziehungsberatung etc.) statt.
  1. Arbeitsrechtliche Maßnahmen des Trägers bei vermuteter Kindeswohlgefährdung durch Mitarbeitende

Der nachhaltige Schutz des Kindes hat immer Vorrang. Sollte dieser gefährdet sein, erfolgen Klärungsgespräche mit Zeugen und mutmaßlichen Täter*innen. Sollte sich der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung erhärten, werden vom Träger arbeitsrechtliche Schritte angekündigt, geprüft und eingeleitet. Je nach Situation erfolgen:

  • Mündliche Ermahnungen
  • Sofortige Freistellung vom Dienst
  • Schriftliche Abmahnungen
  • Verhaltensbedingte Kündigungen
  • Fristlose Kündigungen
  • Überprüfung von ggf. notwendigen strafrechtlichen Schritten
  • Anzeige bei der Polizei/ Staatsanwaltschaft
  • Selbstanzeige im Kultusministerium in Hannover
  1. Unterstützungsmaßnahmen für Mitarbeiter*innen, Kinder und Eltern zur Reflexion und Nachbereitung in Krisensituationen

Der Träger gewährleistet in Krisensituationen ein entlastendes Management für das Kita-Team, die Kitaleitung, die Kinder und deren Eltern. Alle erfahren eine Begleitung und nach Lage der Dinge werden

  • Externe Beratungen und eine Notfallseelsorge einbezogen.
  • individuelle Entlastungsgespräche und Seelsorge - einzeln oder in Kleingruppen angeboten.
  • Supervision durch geschulte Coaches oder Psychologen angeboten.
  • Betroffene Kinder erhalten Unterstützung durch heilpädagogische psychologische Begleitung in der Kita. Die Ereignisse werden in altersentsprechender Weise angesprochen und keinesfalls verschwiegen.

Auch die Eltern der Einrichtung bleiben im Blick. Sie werden noch vor anderen Personen umfassend und zeitnah über die Situation aufgeklärt. Die Öffentlichkeit wird erst in zweiter Linie informiert. Sozialpädagogische, psychologische und/oder seelsorgerische Begleitungen werden organisiert und zur Aufarbeitung einbezogen.

  1. Vorgehensweise zur Rehabilitierung von zu Unrecht beschuldigten Mitarbeitenden

Fälschlich Beschuldigte haben das Recht auf eine vollständige Rehabilitation. Der Träger verantwortet, plant und leitet ein Rehabilitationsverfahren, wenn feststeht, dass Mitarbeiter*innen zu Unrecht einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt worden ist. Alle Schritte und Maßnahmen sind mit der beschuldigten Person im Vorhinein abzustimmen. Der / die Beschuldigte muss dem Plan und dem Weg der Rehabilitation ausdrücklich zustimmen.
Schritte:

  • Der Verdacht bzw. die Falschbeschuldigung gelten arbeitsrechtlich als nie vorgekommen und dürfen in keiner Dokumentation erwähnt werden. Es werden keine entsprechenden Unterlagen in die Personalakte aufgenommen, auch keine Entlastungsprotokolle. Alles zum Verdachtsfall wird vernichtet.
  • Alle Einzelpersonen, Abteilungen, Gremien und Einrichtungen, die von dem Verdachtsfall Kenntnis hatten, werden darüber informiert, dass der Verdacht ausgeräumt wurde.
  • Falls der Verdachtsfall in der Öffentlichkeit bekannt wurde, ist die Öffentlichkeit durch eine angemessene, adäquat zur Aufmachung der Beschuldigung, öffentliche Stellungnahme darüber zu informieren, dass der Verdachtsfall vollständig ausgeräumt ist.
  • Der Träger stellt die Umsetzung der Rehabilitationsmaßnahmen sicher.

Das Verfahren ist abgeschlossen, wenn der Verdacht/die falsche Beschuldigung auf die beschriebene Weise vollständig bearbeitet wurde und der / die Beschuldigte entlastet ist.

  1. Verpflichtungserklärung der Mitarbeitenden

Im Ev. Kirchenkreis Nienburg legt sich jede Fachkraft mit der Unterschrift einer Verpflichtungs-erklärung persönlich fest. Sie bestätigt per Unterschrift das Kinderschutzkonzept zu kennen und zu beachten. Sie weiß, wieviel Nähe ihr als Mitarbeitende gegenüber Kindern erlaubt ist, welche Grenzen der Kinder sie zu respektieren hat. Sie bestätigt, die Intimsphäre der Kinder zu achten und kennt alle Regeln für risikoreiche Situationen. Sie bestätigt den Kinderschutz zuverlässig zu praktizieren.

SCHLUSS

Dieses Kinderschutzkonzept ist Bestandteil unseres Träger-Leitbildes und jeder Kita-Konzeptionen. Die beschriebenen Regelungen sind der Öffentlichkeit zugänglich, transparent, konkret und nachvollziehbar.

Ämter und Familien wissen nun, wie wir in bestimmten Situationen zum Schutz der Kinder vorgehen. Wir bieten eine verlässliche Orientierung für unsere Fachkräfte und sagen allen zu, dass uns der institutionelle Kinderschutz ein Anliegen ist. Genaue Beschreibungen und Umsetzungsstrategien verstehen wir als vertrauensbildende Maßnahme und wir stellen uns der offenen Diskussion.

Alle Kindertageseinrichtungen des Ev.-luth. Kirchenkreises Nienburg sind verlässlich als sichere Orte für Kinder gestaltet. Wir leisten hierdurch unseren Erziehungsbeitrag für unbeschwerte, fröhliche und starke Kinder auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

ANHANG

Quellen-, Bibliographie- und Literaturliste: 

BETA-Rahmenhandbuch von 2020

DWiN und Ev.-Luth. Landeskirche Hannovers: Anregungen zur Erarbeitung eines Verhaltenskodex für Träger von evangelischen Kindertagesstätten

Gesetzliche Grundlagen: SGB VIII §§ 8a, 8b und § 45, § 47 und § 72a

Niedersächsisches Landesjugendamt: Erstellung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen gem. § 45 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch i. V. m. § 48a Abs. 1 SGB VIII oder 15 AG SGB VIII

QMSK:  Kapitel 12.1 Kinderschutz mit Ergänzungen (u.a. Verhaltensampel)

              Kapitel 13. Verbesserungswesen

Zum Seitenanfang